Abd el Kerim mit Oliver Hillert und Begleitung in Griechenland (Juni 2017)
Aber zuerst stand Mount Ossa in
den Reiseunterlagen. Mit seinen außergewöhnlichen Klimazonen, extremer Feuchte
ja geradezu tropisch im Osten auf der Seeseite und natürlich mediterran und
trocken im Westen. Der kleine Ort Stomio am Fuße des Berges erinnerte mich an
einen der vielen verschlafenen Orte in Südamerika. Nicht nur die aufsteigenden
Dampfschwaden die sich um den Berg zogen schienen geradezu einer Bergkette aus
den Anden zu entspringen, auch die sonderbar fruchtigen Gerüche entsprachen
meiner Erinnerung aus den Tropen. Der Berg ist seitlich eingehüllt in ein
unglaublich reichhaltiges und üppiges grün, eine alles überwuchernde grüne
Masse. Auch aus entomologischer Sicht ist der Berg eine Überraschung mit einer
Vielzahl seltener und schöner Insektenarten. Oft herrscht große Hitze am Berg und
in der Kombination mit der Feuchtigkeit scheint es ein Eldorado für Insekten zu
sein.
Ossa - Trauerbock (Morimus asper funereus) Der Weg führte uns anschließend
nach Peloponnes, dort konnten wir dank der doch außergewöhnlich feuchten Saison
(zumindest bis Juni) eine nur im Frühling vorkommende Mistkäferart fangen mit
dem schönen lateinischen Namen Thorectes
brullei brullei. Diese Daten sind für eine aktuelle Studie zur Taxonomie
und Verbreitung der Art von großem Wert. Selbstverständlich wurden die Tiere
mit Hilfe des eigens angefertigtem Ausgrabewerkzeuges (Geotrupes foderus) aus der Erde gescharrt. Im Dreck wühlen ist eine
der beliebtesten Tätigkeiten dieses kostbaren Werkzeuges. Es stellt Jahr für
Jahr seine außergewöhnliche Qualität unter Beweis und misst sich im direkten
Zweikampf zum herkömmlichen Unkrautstecher. Gegenüber dem schnöden,
blechgebogenen Baumarktprodukt, das keine Sammelperiode überlebt, ist es keine
wirkliche Konkurrenz. In der sehr steinigen Berglandschaft von Südgriechenland
ist es oft schwer an die erdbewohnenden Mistkäfer heranzukommen.
Peloponnes - Abd el Kerim war ein treuer Begleiter und hat uns mundgerechte Melonenstücke geschnitten. Auf der Insel Andros konnten zwei
neu Arten der Familie Scarabaeoidea gefangen werden. Ich hatte anfangs nur eine
Idee, da ich ein Foto von einem Käfer aus der Maikäferfamilie im Internet sah. Ein
wahrhaft außergewöhnlicher Fund, in einem doch so intensiv untersuchten Gebiet
wie Griechenland. Das Herz schlug mir bis zum Hals als die Käfer in der Nacht auftauchten.
Sie können nur bei Dunkelheit am richtigen Standort gefangen werden. Ein Ort
mit etwas Sand und Düne was normalerweise auf der steinigen Insel eher selten
ist. Da es sich um Arten handelt die bislang noch nicht gefangen wurde, ist die
Insel in der Vergangenheit offensichtlich nicht sehr häufig aus entomologischer
Sicht bereist worden.
Andros - Rosenkäfer (Heterocnemis graeca)
Andros - Rosenkäfer (Protaetis (Netocia) trojana trojana) Besonders spannend war das
Zusammentreffen mit der Journalistin Stephanie Eichler, die uns nahe Athen zum
Ende der Reise getroffen hat. Hintergrund ist ein ausführlicher Artikel über das
Schmiedehandwerk und eben speziell über die Herstellung des Messers Abd el
Kerim durch unseren lieben Freund Stefan Kühne. Ein Teil der Recherche sollte
auch die Begleitung auf einer entomologischen Sammelreise sein. Für uns war im
Vorfeld die Vorstellung recht ungewohnt, beim aktiven Sammeln von Insekten
begleitet, beobachtet und interviewt zu werden. Es hat sich aber sehr schnell
ein sehr vertrautes Verhältnis zwischen uns und dem Journalisten-Team Stephanie
Eichler und ihrem Fotografen Emanuel Herm eingestellt. Eine wahrhaft spannende und
interessante Begleitung. Im Interview kommt man
automatisch von Story zu Story und es hört irgendwie gar nicht mehr auf. Insekten
sind eben die Herrscher der Welt und es gibt nichts was es nicht gibt, kein
Sonderfall wird von der Natur ausgelassen. Alles in allem eine sehr schöne
Reise mit wichtigen entomologischen Erkenntnissen, tollen Eindrücken und netter
Gesellschaft.
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