Die Aufarbeitung eines alten Taschenmesser ist sehr aufwendig. Dabei steht der ideelle Wert dieser Messer in der Regel über dem Materiellen. Es kann sich um ein Geschenk vom Vater handeln oder um ein Erbstück. Hier ein Beispiel für die Überarbeitung und Aufwertung eines solchen Messers durch Griffschalen aus Mammut-Elfenbein.

 

Bei diesem Böker-Messer (Böker II Leo-Damast) habe ich die Holzeinlage durch Mammut-Elfenbein ersetzt.

 

 

Das hier abgebildete Takelmesser wurde bei der 4. Schiffstammabteilung in Glückstadt am 3.1.1961 an die jungen bundesdeutschen Marinesoldaten ausgegeben. Die Griffschalen waren aus einem braunen Thermoplast gefertigt und mehrfach abgesplittert. Die Feder ist gehärtet aber hat ihre Spannung verloren, so dass der Dorn großes Spiel hatte. Durch vorsichtiges Hämmern der Feder und Ersatz der Griffschalen durch das Holz des Kameldorn aus Nigeria ist das Messer nun wieder voll funktionstüchtig.

Anleitung zur Erneuerung alter Klappmesser

Bis in die 70er Jahre gab es in der Region Solingen und Remscheid entlang der Wupper viele Heimarbeiter die in einem Kotten (Werkstatt) für die großen oder kleinen Besteckfabriken und Werkzeugschmieden gearbeitet haben. So einen Kotten betrieb auch ein Messerschleifer  in dritter Generation bis 1968, von dem die hier bearbeiteten Messer stammen.  In dem Kotten wurden für die Firmen Henkels, Graef, Herder, Windmühle, Becker und Andere gearbeitet.

Insgesamt habe ich 100 halbfertige Messer erworben. Die Klingen (Kohlenstoffstahl) haben keine Prägung. Sie sind sehr gut ausgeschliffen und gefallen mir sehr gut. Die ersten Messer habe ich, wie unten beschrieben, vollständig auseinander genommen und die Griffschalen ersetzt. Sie bestanden aus einer schwarzen, holzfaserigen Kunststoffmasse.

 

Bild 1

1. Das Klappmesser wird zerlegt

Zwischen Klinge und Griffplatte wird ein Messer eingeführt. Durch vorsichtige Schläge auf den Messerrücken werden die Stifte durchgeschlagen.

 

Bild 2

Nachdem alle drei Stifte zerschlagen sind, lässt sich das Messer leicht in seine Bestandteile zerlegen. Klinge und Feder werden gereinigt und ggf. nachgeschliffen.

 

Bild 3

2. Die Griffschalen und Platinen werden ersetzt

Die alten Griffschalen dienen als Schablonen um neue Platinen aus Messing anzufertigen. Die neuen Platinen werden dann auf das zu verwendende Schalenholz geklebt.

Bild 4

3. Die Löcher werden in die Griffschalen gebohrt

Nachdem der Kleber ausgehärtet ist, wird das Holz auf die Größe der Messingplatinen geschliffen. Für die Bohrungen kann man die alte Platine auf die neuen Schalen klemmen. Nachdem die ersten beiden Löcher gebohrt sind, muss man die Klemme in der Regel umspannen, da sie das letzte Loch  verdeckt. Um ein Verrutschen der Platine zu verhindern, werden in die vorhandenen Löcher Nägel eingeschoben.

 

Bild 5

Dann sind beide Griffseiten aneinanderzuklemmen. Durch die vorhandenen Bohrungen der einen Seite werden die Löcher in der anderen Griffschale gebohrt. Beim Umspannen der Klemme werden wieder die Nägel in die Löcher eingeführt, um ein verrutschen der Schalen zu vermeiden.

Bild 6

4. Die Stifte werden geschnitten

Die Stifte aus Messing oder Neusilber sind exakt zuzuschneiden. Sie müssen bei dem zusammengesetzten Messer auf beiden Seiten um 0,5 mm aus dem Holz herausragen. Es ist darauf zu achten, dass die Stifte auf einer Seite abgerundet werden, um das Aufsetzen der Griffschale auf die Stifte wie im Bild 8 zu erleichtern.

 

Bild 7

5. Das Messer wird zusammengesetzt

Um die einzelnen Bestandteile zusammenzufügen wird die untere Griffplatte zwischen drei Stifte geklemmt. Es handelt sich dabei um Nägel die in den Holzblock geschlagen werden und deren Nagelköpfe man absägt. Der zweite Nagelstift ist nicht höher als die Griffplatte. Das ist notwendig, um die Klinge unter die Feder zu schieben, die dafür über die Griffplatte gedrückt werden muss. 

 

Bild 8

Nachdem die Klinge eingesetzt ist, stehen die Stifte unter Spannung. Man setzt die Griffplatte vorsichtig auf, so dass die zwei hinteren Stift etwas durch die Platine ragen. Der vordere Stift  wird mit Hilfe einer schmalen Holzplatte nach oben unter die Bohrung der Griffplatte gedrückt. Ein leichter Druck von oben fügt die Griffplatten zusammen.

Bild 9

5. Das Messer wird vernietet

Mit einem Kugelhammer werden die Stifte von beiden Seiten auf einem Amboss bis zur Holzoberfläche vorsichtig geschlagen. Dann werden die Platinen überschliffen und in ihre endgültige Form gebracht. Häufig werden die Stifte nur verklebt, da das Holz sehr leicht reißen kann.

 

Bild 10

Das hier abgebildete obere Messer hat Holzgriffschalen aus Pao Rosa. Für das mittlere Messer wurde indisches Palisanderholz verwendet. Es handelt sich hier um das helle  Splintholz, dessen schwarze Musterung durch Pilzwachstum hervorgerufen wurde. Das untere Messer besteht aus dem Kernholz des indischen Palisanderholzes und hat die wunderschöne weinrote Färbung. Grifflänge 8,5 cm.

6. Oberflächenbearbeitung des Holzes

Nachdem die Holzoberfläche mit 600er Schleifpapier feingeschliffen wurde, wird die Holzoberfläche mit Wasser bestrichen. Dazu nutzt man den in warmes Wasser getauchten Finger. Das Holz wird sofort mit einem Fön getrocknet. Die aufgerichteten Holzfasern werden mit Stahlwolle (000) abgerieben. Danach wird das Holz mit einer Bürste gebürstet. Die Prozedur wird zweimal wiederholt.

Eine Schellackpolitur hebt die Holzmaserung besonders schön hervor. Dafür kann man die "Originale klare Holzpolitur für Messergriffe (Hochglanz)" auch bekannt unter "CCL traditional english oils and polishes" verwenden. Es handelt sich dabei um 2 Fläschchen mit Gebrauchsanweisung in einer Pappschachtel. In der Flasche 1 ist die alkoholische Schellack-Kolophoniumlösung und in Flasche Nr. 2 Leinöl. Mit Hilfe des Fingers, ein kleiner Pinsel macht es natürlich auch, wird die Lösung auf das Holz gestrichen. Nach Trocknung ist der Lack auf der Oberfläche bis zum Holz mit feinem Schmirgelpapier abzuschleifen. Sollten die Poren noch offen sein, ist die Prozedur zu wiederholen. Dann faltet man einen Leinenlappen zu einem kleinen handlichen Ballen zusammen und gibt wenig Lösung Nr. 1 darauf. Nun nimmt man mit dem Finger einen Tropfen Leinöl aus Flasche Nr. 2 und tupft ihn ebenfalls auf den Leinlappen. Damit reibt man unter schnellen Bewegungen die Holzoberfläche bis sie glänzt. Nach mindestens 8 Stunden ist die Schellackpolitur ausgehärtet.